Von der Bühne zur Fabrik: Chinas Roboter-Revolution und die Chance für Deutschland

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Veröffentlicht:
4.4.2025
Aktualisiert:
4.4.2025

Auf der Bühne der chinesischen Neujahrsgala 2025 sorgte eine Gruppe humanoider Roboter mit futuristischem Design für Furore und wurde zum Blickfang des Abends. Dies war nicht nur eine Demonstration technologischer Stärke, sondern auch eine klare Botschaft: China will das globale Zeitalter der Robotik neu definieren. Die Show mit dem Titel „YangBOT“ wurde von 16 humanoiden Robotern bestritten, den H1-Modellen der Firma Unitree Robotics aus Hangzhou.

Der H1-Roboter ist mit einer revolutionären KI-gesteuerten Ganzkörper-Bewegungstechnologie ausgestattet, die maximale Gelenkbewegungen von 360 N·m ermöglicht. Kombiniert mit einem 360-Grad-Panorama-Tiefenwahrnehmungssystem kann er seine Umgebung präzise erfassen und sich anpassen. Noch beeindruckender ist, dass die Roboter dank fortschrittlicher KI-Algorithmen nicht nur „Musik verstehen“, sondern auch ihre Bewegungen in Echtzeit an den Rhythmus anpassen können. Bereits auf der Hannover Messe 2024 hatte Unitree Robotics mit seinen Robotern viel Aufmerksamkeit erregt.

Von der Bühne zur Realität, in China durchdringt die Robotik-Technologie mit bemerkenswerter Geschwindigkeit alle Branchen. Seit 2022 patrouillieren Inspektionsroboter von Hikvision in den Lackierwerken des BMW-Werks in Shenyang. Ihre multispektralen Kameras erkennen mikrometergenau Farbabweichungen. 1.200 Kilometer weiter westlich navigieren 200 Roboter von Geek+ durch das Regallabyrinth des Zalando-Logistikzentrums in Berlin und steigern die Effizienz der Auftragskommissionierung um 73 %. Geek+, eines der ersten chinesischen Logistikrobotik-Unternehmen, das global expandierte, hat in acht Jahren mehr als 40.000 AMR (Autonomous Mobile Robots) weltweit verkauft. Zu seinen Kunden zählen Unternehmen wie SF Express, Nike, Walmart, Toyota und Siemens.

Die Robotik-Technologie verändert nicht nur Fabriken und Bühnen, sondern ist auch fest in den Alltag der Chinesen integriert. In Hotels großer Städte sind Serviceroboter bereits Standard. Sie navigieren autonom und liefern Mahlzeiten, Handtücher oder Pakete vor die Zimmertür, was den Gästen effizienten und kontaktlosen Service bietet. In Restaurants bewegen sich Serviceroboter zwischen den Tischen, bringen Gerichte präzise an ihren Bestimmungsort und interagieren sogar auf einfache Weise mit den Gästen. Darüber hinaus arbeiten Reinigungsroboter in Einkaufszentren und Flughäfen rund um die Uhr, um Sauberkeit zu gewährleisten. In einigen Krankenhäusern übernehmen Lieferroboter den Transport von Medikamenten und medizinischem Material, was die Arbeitsbelastung des Personals verringert. Diese Anwendungen steigern nicht nur die Effizienz, sondern bringen auch mehr Komfort und Freude in den Alltag der Menschen.

Hinter diesen Erfolgen steht das dynamische Wachstum des chinesischen Robotik-Ökosystems. Eine Stadt spielt dabei eine Schlüsselrolle: Hangzhou, einst berühmt für seinen Longjing-Tee, hat sich zum Innovationszentrum der chinesischen Robotik entwickelt. In dieser am See gelegenen Stadt verwandeln Hunderte von Robotik-Unternehmen futuristische Visionen in Realität. Die Provinzregierung von Zhejiang unterstützt diesen Wandel mit steuerlichen Anreizen von bis zu 50 % der Forschungsausgaben, sowie zwölf offiziellen Testfeldern in Automobil- und Elektronikfabriken. Das kürzlich weltweit viel beachtete Unternehmen DeepSeek hat hier in dieser Stadt auch seinen Sitz. DeepSeek treibt die Anwendung von KI-Technologien in zahlreichen Branchen voran. Das Innovationsökosystem Hangzhous, das von Robotik bis hin zu künstlicher Intelligenz reicht, bildet eine vollständige industrielle Kette und verleiht der globalen Technologieentwicklung neue Impulse.

Der Aufstieg Hangzhous ist nur ein Beispiel für die rasante Entwicklung der chinesischen Robotik-Branche. Landesweit beschleunigt sich eine intelligente Fertigungsrevolution. Während Goldman Sachs prognostiziert, dass der globale Markt für humanoide Roboter bis 2035 auf 38 Milliarden US-Dollar anwachsen wird, hat China bereits seine industriellen Weichen gestellt. Laut dem Ministerium für Industrie und Informationstechnik sollen bis Ende 2025 500 intelligente Fabriken entstehen, in denen über 70 % der Produktionsprozesse automatisiert ablaufen – das entspricht 1,3 neuen digitalen Fabriken pro Tag.

Die schnelle Entwicklung der chinesischen Robotik-Branche ist kein isoliertes Phänomen, sondern das Ergebnis globaler technologischer Zusammenarbeit und industrieller Synergien. Durch die Kooperation mit international führenden Unternehmen und Forschungseinrichtungen verbindet China seine lokale Fertigungskapazität mit globalen Innovationsressourcen. Im gemeinsamen Labor von KUKA und der Shanghai Jiao Tong Universität lernen Roboterarme, nanometergenau Fehler auf Leiterplatten zu erkennen – ein Projekt, das vom chinesischen Wissenschaftsministerium gefördert wird und neue Standards für die Qualitätskontrolle in der Elektronikindustrie setzen könnte. Gleichzeitig koordiniert ein Siemens-Steuerungssystem in der Midea Smart Factory in Foshan Hunderte von Geräten, die alle 12 Sekunden eine Klimaanlagen-Außeneinheit montieren. Das 200-Millionen-Euro-System vereint deutsche Präzision mit chinesischer Effizienz und steigert die Energieeffizienz um 40 %.

Der Aufstieg der chinesischen Robotik-Branche ist nicht nur ein Symbol für technologischen Fortschritt, sondern auch ein Beispiel für die tiefe Integration globaler Lieferketten. Von der Bühne des Neujahrsgalas bis zur Fabrikhalle setzt China Robotik-Technologien mit beeindruckender Geschwindigkeit in die Praxis um. Gleichzeitig intensiviert sich die Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland – sei es in der gemeinsamen Forschung von KUKA und der Shanghai Jiao Tong Universität oder in der intelligenten Fertigung von Siemens und Midea.

Für deutsche Unternehmen birgt dies sowohl Herausforderungen als auch Chancen. Chinas riesiger Markt, schnelle Technologieentwicklung und starke staatliche Unterstützung bieten deutschen Unternehmen enorme Kooperationsmöglichkeiten. Durch vertiefte technologische Zusammenarbeit und gemeinsame Markterschließung können deutsche Unternehmen nicht nur ihre Stärken in der Präzisionsfertigung ausbauen, sondern auch von Chinas effizienter Produktion und innovativem Ökosystem profitieren, um ihre globale Präsenz weiter auszubauen.

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Theresa Stewart

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