„Wir brauchen eine europäische KI“

Autor

Marc Voland

Head of Story
Als Mastermind hinter unserer Story-Methodik ist Marc Voland als strategischer Berater unserer Kunden immer da, wo es den Kern des Unternehmens zu ergründen gilt. Er ist Dozent an der Hochschule der Medien in Suttgart und der W&V Masterclass Content Marketing.
Veröffentlicht:
21.8.2018
Aktualisiert:
25.10.2023

Auf Initiative der Max-Planck-Gesellschaft und des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme entsteht in der Region Tübingen-Stuttgart ein neues Zentrum für KI: das Cyber Valley. Zusammen mit wissenschaftlichen Institutionen und Unternehmen wie Daimler, Bosch oder Amazon soll hier ein Hotspot für die Technologie der Zukunft aufgebaut werden. Storymaker sprach mit der Koordinatorin Tamara Almeyda.

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Marc Voland: Frau Almeyda, in und um Tübingen entsteht gerade das Cyber Valley. Tübingen ist für Hölderlin bekannt, nicht unbedingt für Künstliche Intelligenz.

Tamara Almeyda: Was viele nicht wissen: Tübingen ist im Bereich Künstliche Intelligenz eine der führenden wissenschaftlichen Standorte in Deutschland. Über 40 Prozent der Konferenzbeiträge auf den beiden wichtigsten Konferenzen im Bereich Maschinelles Lernen – der akademische Goldstandard in diesem Bereich – stammen aus Tübingen; zusammen mit Stuttgart kommen wir auf fast 50 Prozent. Dieses geballte Wissen werden wir nutzen, um aus dem Cyber Valley einen Hotspot für KI zu entwickeln.

MV: Um dies zu erreichen, wollen Sie unter anderem die weltweit besten Köpfe in die Region holen.

TA: Richtig, auf sie kommt es, wie immer, an. Man schätzt, dass es weltweit nur etwa 20.000 Experten in diesem Bereich gibt, die natürlich heiß umkämpft sind. Wichtig ist in erster Linie hoch attraktive Rahmenbedingungen und Forschungsprojekte für die Wissenschaftler zu schaffen. Zusätzlich werden wir in einer weltweit einzigartigen Graduiertenschule für Intelligente Systeme in den kommenden Jahren über 100 Doktoranden ausbilden. Wir sind gerade dabei die Strukturen auf der wissenschaftlichen Seite dafür zu schaffen.

MV: Schaut man sich am Institut um, fühlt man sich wie bei einem Start-up. Loungemöbel, Terrassen und überall Whiteboards.

TA: Ein entsprechendes Arbeitsumfeld gehört einfach dazu. Wissenschaftler aus aller Welt sollen bei uns eine optimale Umgebung vorfinden; wobei Tübingen als Stadt selbst einen ungemeinen Reiz ausübt. Kürzlich meinte ein amerikanischer Forscher, der wieder aus den USA zurückkam: „Endlich wieder zu Hause“. Genau das wollen wir hier aufbauen: Ein Zuhause für die internationale Forscherelite im Bereich KI.

MV: Das gilt nicht nur für die Wissenschaftler, sondern auch für die Industriepartner, mit denen Sie ein neues Modell zur Zusammenarbeit aufstellen. Wie sieht das aus?

TA: Die Max-Planck-Gesellschaft steht für freie Grundlagenforschung. Diese betreiben wir auch gemeinsam mit den Industriepartnern; ein Novum. Das bedeutet, wir legen gemeinsam mit unseren Partnern Themenbereiche fest und die Forscher können dann gemeinsam mit den Unternehmen an den Fragestellungen arbeiten. Für die Unternehmen birgt das eine gewisse Unwägbarkeit. Die Natur von Grundlagenforschung bringt es mit sich, dass sie ergebnisoffen ist. Gleichzeitig wollen wir, dass aus der Forschung konkrete Produkte und Lösungen entstehen. Wir docken deshalb auch gleich eine Förderung junger Unternehmen an, um auch hier Wissenschaft und Wirtschaft eng zu verzahnen. In diesem Punkt sind wir ganz amerikanisch.

MV: Künstliche Intelligenz hat in Teilen der Bevölkerung keinen guten Ruf, gilt als Arbeitsplatzkiller.

TA: Das sind natürlich Befürchtungen, die man ernst nehmen muss. Da reicht es nicht, zu sagen, dass diese Befürchtungen bei jedem Technologieschub laut werden. Tatsächlich gibt es viele ethische Fragen, die noch nicht geklärt sind. Auch das ist ein Grund, warum die KI-Forschung in Deutschland und Europa stark werden muss: Wir haben andere Vorstellungen als beispielsweise Amerikaner und Chinesen, etwa was den Umgang mit Daten angeht. Wir brauchen eine europäische KI.

MV: Die chinesische Regierung will bis 2025 mehr als 50 Milliarden Euro in die KI-Forschung investieren, der amerikanische Konzern Google bezeichnet sich mittlerweile als AI-first Unternehmen. Kann Deutschland da überhaupt noch mithalten?

TA: Ich glaube, die Frage stellt sich gar nicht. Künstliche Intelligenz wird eine Schlüsseltechnologie für Wirtschaft und Gesellschaft spielen. Natürlich könnten wir als Gesellschaft den Kopf in den Sand stecken und die Forschung anderen Nationen überlassen. Aber als Industrienation können wir es uns gar nicht leisten, nicht mit dabei zu sein. Nehmen Sie zum Beispiel das autonome Fahren. Ohne KI wird das nicht funktionieren. Die Bundesregierung hat das erkannt und KI als einen Schwerpunkt benannt. Und nicht umsonst haben sich CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag auch auf eine Weiterentwicklung der Technologieförderung geeinigt. Eine nationale KI-Strategie soll noch in diesem Jahr verabschiedet werden. Auf politischer Ebene wurde die Bedeutung von KI also erkannt.

MV: Wenn wir von KI sprechen, was macht den Forschungsstandort Deutschland aus?

TA: Da kommen wir zurück zum Anfang: die Möglichkeit freie Grundlagenforschung zu betreiben macht den Forschungsstandort aus. Und es geht um das Thema vernetztes Forschen. Wir sind mit wissenschaftlichen Einrichtungen aus ganz Deutschland und Europa in Kontakt. Es geht nicht darum, das Silicon Valley zu kopieren, sondern genau das zu machen, was wir als Europäer können: länderübergreifend arbeiten.

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Bild Copyright: Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme / Wolfram Scheible

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