Innovation – in Deutschland Trend, in China Teil der Geschichte

Veröffentlicht:
29.6.2021
Aktualisiert:
3.8.2021

China - ein Land voller Tradition, Weisheit und viel Tee. Das sind häufig die ersten Assoziationen, die Menschen aus dem Westen mit dem größtenteils unbekannten Land verknüpfen. Was den meisten erst langsam bewusst wird: Gleichermaßen steckt China voller Innovationen und besitzt einen Weiterentwicklungs-Drive sondergleichen.

Von Beidem steckt einiges in der chinesischen Kommunikationswelt, weiß der studierte Sinologe, Dozent und Unternehmer Dr. Manuel Vermeer, Gründer von Vermeer Consult. Und es gilt beides zu verstehen, um in China erfolgreich zu kommunizieren.

Ein Symbolbild: Die verbotene Stadt in Beijing ist eine traditionelle Tempelanlage und beliebter Spot bei Tourist:innen. Die Kameras an der künstlerischen Laterne zeigen, dass China beides ist: traditionell und digital am Puls der Zeit.

Missverständnisse in der Kommunikation beruhen auf Tradition

„Zheng Ming“, also das Benennen der Dinge so, wie sie sind, ist ein wichtiger Baustein der traditionellen chinesischen Philosophie. Daher unterscheidet sich das chinesische Verständnis von Rhetorik von der griechischen Auffassung, Dinge so darzustellen, wie man sie sehen möchte.

Die Benennung von Dingen hat in China also einen hohen Stellenwert, denn im Umkehrschluss heißt das, Dinge sind oder werden, wie wir sie benennen. Während also Donald Trump von einem „China-Virus“ redet mag das für ihn ein rhetorisches Stilmittel darstellen, für die Chinesen hingegen ist eine solche Darstellung höchst erniedrigend und beleidigend.

Das Beispiel scheint vermeidbar, da sich über diese Begrifflichkeit ohnehin streiten lässt – trotzdem gibt es ein gutes Beispiel dafür ab, wie kulturelle Missverständnisse entstehen, obwohl man vielleicht eine andere Intention hatte. In China werden Begrifflichkeiten und Darstellungen einen immensen Wert beigemessen, wobei man über die gleichen Ausdrücke in Deutschland eher einfach hinwegsehen würde. Sprache beeinflusst in China das Leben, die Politik und damit Diplomatie und Geschäfte.

Innovation aus Tradition

Wenn China also so sehr an Traditionen und Jahrtausende alte Lehren festhält – steht das nicht in einem Widerspruch zu dem futuristischen und innovativen Land, das es heute ist?

Auch das lässt sich mit Konfuzius erörtern, der sagte: „Lernen und es von Zeit zu Zeit anzuwenden, ist das nicht eine große Freude?“ Das sprach also damals schon für das Konzept des lebenslangen Lernens – was gleichzeitig das Konzept für Innovation ist: Die Freude am Lernen, das Neuerfinden und immer wieder in Frage stellen von Zuständen und Dingen, und zeitweise auch sich selbst.

Konfuzius prägt die chinesische Kultur bis heute.

China mangelt es nicht an Kompetenz- und Innovationskraft

Während China es also vorlebt; Bezahlung, Einkauf, Zusammenleben, Behördengänge, das Gesundheitssystem, das Arbeitsleben und vieles mehr generalüberholt und weiterdenkt, gibt es in den westlichen Ländern weiterhin Unverständnis und daraus resultierende Werbe-Fauxpas. Dazu gehören große Banken und Konzerne, die schlichtweg die Sprache falsch übersetzt haben oder unwahre Stereotype auf ihre Werbeplakate drucken – und damit in China durchstarten wollen. Auch Promis wie Justin Timberlake treten in solche Fettnäpfchen. So ließ dieser sich anlässlich seiner Rolle im Film „Alpha Dog“ ein fake Tattoo anbringen, das „böser Junge“ heißen sollte, um seine Rolle zu untermauern. Problem dabei: Die Schriftzeichen seines Tattoos hatten die Bedeutung „Eislaufen“. Eine große Gefahr dabei ist nicht nur ein PR-Fiasko und eine unendliche Blamage – sondern eine kollektive Ablehnung durch die chinesische Gesellschaft.

Schriftzeichen unterscheiden sich in manchen Fällen nur durch klitzekleine Striche – diese allerdings können die Wortbedeutung grundlegend verändern.

Der Spagat zwischen Tradition und dem Digitalen

Trotz aller Bilder und Nachrichten, die wir aus dem aktuellen China sehen, darf der traditionelle Aspekt nicht untergehen. Zwar entwickelt sich das Land weiter und entspricht sicherlich nicht mehr 100-prozentig dem traditionellen Bild von Konfuzius. Allerdings bleibt die Kultur und die Tradition des Landes verankert bei den Menschen, die das Land ausmachen. Dr. Manuel Vermeer appelliert dabei an alle China-Kenner und Nichtkenner sich ab und zu wieder an Konfuzius Worte zu erinnern, dass wir von Zeit zu Zeit ans Lernen denken sollten. Denn erfolgreich kommuniziert und agiert nur der in China, der offen und respektvoll bleibt und Interesse an Land und Leute zeigt. Sprache, so Vermeer, ist dabei ein Herrschaftsinstrument, mit dem sich jeder ein wenig beschäftigen sollte, um zumindest höfliche Floskeln akkurat zu beherrschen und einen guten ersten Eindruck machen zu können.

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Theresa Stewart

Director China
t.stewart@storymaker.de