Meine erste Stelle verdanke ich einer Anzeige: „Redakteur gesucht“. Es handelte sich um das Angebot einer Zeitschrift namens „Computer Magazin“. Ich hatte – es war 1981 – gerade mein Journalismusstudium abgeschlossen und ein Praktikum in der Pressestelle der IBM absolviert. Ich schrieb einen empörten Brief an den Herausgeber, warum er glaube, dass eine Frau diesen Aufgaben nicht gewachsen sei – und bekam prompt die Stelle. Über viele Jahre war diese frühe IT-Zeitschrift die einzige der Branche, in der die Redaktion (ausschließlich) weiblich besetzt war. Nicht ohne Fragezeichen im Gesicht von Informatikprofessoren, wenn eine Frau zum Interview erschien oder mit der freundlich gemeinten Frage beim Kongress, wessen Sekretärin man sei.
Das Magazin war erfolgreich, auch mit damals für die Branche ungewöhnlichen Themen: Eine Ausgabe widmete sich den „Frauen als IT-Chefs“ mit einem Chefsessel aus schwarzem Leder und einem lilafarbenen Frauenzeichen auf dem Titel; die Redaktion berichtete über die Frauengruppe bei der Gesellschaft für Informatik, die erste Programmiererin Ada Lovelace und verglich Softwareentwicklung mit dem Stricken eines Pullovers. Irgendwann meinte der Herausgeber, dass ein Mann derlei redaktionelles Unwesen in die Schranken weisen sollte. Eine Entscheidung, die das Blatt nicht lange überlebte – und mich zur Kündigung zwang.
Es folgten einige ebenso wenig erfreuliche Erfahrungen mit Männern, die nicht aufgrund ihrer Kompetenz zum Chef wurden. So reifte in mir der Entschluss, dass ich besser ohne diese Besserwisser auskomme. Schlechter bezahlt, weniger zu sagen, blöde Anmache – nein, danke. Mein Leben als Selbständige – zunächst als freie Journalistin – war nicht einfach, aber zufriedenstellender.
Einige Zeit dachte ich, die „Frauenfrage“ habe sich erledigt. Töchter übernahmen die Nachfolge im väterlichen Handwerksbetrieb, die Wirtschaft warb für Frauen in Männerberufen, mehr weibliche Vorbilder, alte Geschlechterbilder wankten, das Recht auf Schwangerschaftsbrüche kam und sogar die CDU brachte eine Kanzlerin hervor. Doch, es hat sich was verändert seit den 50er Jahren. Aber von Gleichstellung sind wir noch immer weit entfernt.
Ansonsten hätten wir nicht alarmierende Nachrichten, dass selbst in der Kommunikations-Branche die Gehaltskluft zwischen Frauen und Männer wieder größer wird. Unsere Branche wimmelt zwar vor Frauen, aber je weiter man nach oben schaut desto weniger Frauen sind dort zu finden. In Unternehmensvorständen sitzen noch immer weniger als zehn Prozent Frauen. DAX-Konzerne sind das Schlusslicht. Manche finden es auch völlig okay, dass zu ihrem 100 Personen starken Managementkreis keine einzige Frau gehört. Die Anzahl der Frauen im Parlament, in Aufsichtsräten – überall weit von der 50-Prozent-Marke entfernt.
Kürzlich berichtete eine Kollegin von einem Businesstrip nach Schweden. 50:50 ist dort eine Selbstverständlichkeit. Die Hälfte der Minister, der Abgeordneten, der Führungspositionen, der Kandidaten … sind weiblich. So schafft man Gleichberechtigung.
In Deutschland scheint ein „normales“ Verhältnis zwischen Männern und Frauen noch immer schwierig. Auf jeden Fall ist es eine Lebensaufgabe.