„Space is the place“ ließ der afrofuturistische Jazz-Vorreiter Sun Ra bereits Anfang der 70er Jahre verlauten. Und was damals, im Umfeld der ersten Mondlandung noch starke utopistische Anklänge trug, deutet sich in den dämmernden 20er Jahren des 21. Jahrhunderts etwas anders: „Low Earth Orbit Commercialisation“ ist das Schlagwort, das nun schon seit einiger Zeit in Weltraumkreisen herummäandert. Und auch die Avantgarde der Tech-Szene hat das Thema dank Digital-Querverbindungen von Firmen wie Blue Origin, Space X oder Virgin Galactic für sich entdeckt.
Doch was bedeutet die Kommerzialisierung der erdnahen Umlaufbahn, die vor allem für Satelliten genutzt werden kann, für Marketing und Kommunikation? In Japan wurde nun „Space Basil“ gegründet, die erste Agentur, die sich ausschließlich mit Marketingkommunikation im Low Earth Orbit befasst. Björn Eichstädt, geschäftsführender Gesellschafter von Storymaker, unterhielt sich in Tokyo mit CEO Katsuji Amazaki über erste zarte Ansätze für die kommerzielle Marketing-Nutzung unendlicher Weiten.
BJÖRN EICHSTÄDT: Danke für die Zeit, die Sie sich nehmen. Was bedeutet der Name „Space Basil“, den Sie der neuen Agentur gegeben haben?
KATSUJI AMAZAKI: Space heißt natürlich Weltraum. Basil kommt aus dem Griechischen und steht für „königlich“ oder „Krone“, es ist aber auch ein Gewürz. „Space Basil“ setzt dem Weltraum also mit Würze die Krone auf. Mit Kommunikation und Entertainment.
BE: Wer braucht denn so etwas?
KA: Für die meisten Menschen ist der Weltraum uninteressant – nur Hobbyastronomen sind wirklich interessiert. Kommunikation und Entertainment können helfen, eine Brücke zu den normalen Menschen zu bauen.
BE: Wie kann so etwas aussehen?
KA: Es gibt zum Beispiel ein Projekt, bei dem ein Modell eines Gundam-Roboters anlässlich der Olympiade mit einem Mikrosatelliten ins Weltall geschossen wird – dieses Projekt hat auch der Tokyoter Professor und führender Mikrosatelliten Forscher Shinichi Nakasuka unterstützt, der ebenfalls Technischer Berater in unserem Team ist. Das Ganze nutzt einerseits aktuelle Technologie, aber es macht auch Spaß, selbst für Kinder, die sich freuen: „Hey, Gundam fliegt wirklich im Weltraum!“ Aber so etwas ist nur eine erste Anwendung. Wir denken über viele Entertainment- und Marketingansätze nach, etwa Games, die unsere Smartphones direkt mit einem Mikrosatelliten verknüpfen.
BE: Wie sehen denn konkrete Projektansätze mit Kunden aktuell aus?
KA: Wir sind in einer sehr frühen Phase der Nutzung von Mikrosatelliten für Marketingkommunikation. Generell ist unser Vorgehen, dass wir mit Marketing-Abteilungen von Unternehmen besprechen, wie der Weltraum oder ein Satellit als Medium dabei helfen könnte, ihr Produkt zu promoten. Bisher ist da ja meist von „klassischen Medien“, von „TV“ oder „Internet“ die Rede. Und wir erweitern das eben um „Weltraum“. Spannend daran sind unterschiedliche Faktoren: zum Beispiel, dass ein Satellit, den man als Firma kaufen oder buchen kann, anderthalb Jahre im Erdorbeit verbleibt, bis er in die Atmosphäre eintaucht und verbrennt. Und dass er sich einmal um die ganze Erde bewegt, also durchaus einen globalen Faktor hat.
BE: Aber ist es am Ende nicht doch wieder TV oder Internet? Weil ich ja einen solchen Satelliten am Himmel gar nicht sehen kann brauche ich doch wieder ein Empfangsgerät, oder?
KA: Das stimmt, aktuell ist das der Stand: man kann die Satelliten nicht sehen. Also brauchen wir noch Verknüpfungen mit anderen Technologien. Bei dem Gundam-Projekt ist es beispielsweise so, dass 7 Kameras verbaut sind. Mit denen werden dann Videoaufzeichnungen gemacht, die man via Smartphone herunterladen kann – später eventuell auch direkt streamen. Bei den Mikrosatelliten geht das auf dem aktuellen Stand der Technik noch nicht.
BE: Als Marketing-Verantwortlicher würde ich mir jetzt sagen: klingt ja alles spannend, Science Fiction, was ganz Neues und Besonderes, aber das ist ja sicher auch eine teure Technologie, so ein kleiner Satellit, da muss ich ja bestimmt eine ganz große Firma sein, die ganz viel Budget hat, damit man da mal was versuchen kann. Also ganz direkt: Was kostet sowas?
KA: Ich mache es billig für Sie! Nein, im Ernst, das geht bei etwa 4 Millionen Euro los. Aber wenn Sie das mit Kosten für TV-Spots in Japan vergleichen, dann ist das gar nicht so viel. Und sie haben den Satelliten dann anderthalb Jahre lang für sich, nicht nur ein paar Wochen mit lokaler Reichweite!
BE: Wären 4 Millionen Euro Einstiegsbudget für den Satelliten oder auch die Umsetzung einer Kampagne.
KA: Beides.
BE: Für Mittelständler ist das trotzdem ein bisschen teuer…
KA: Aktuell gibt es in Japan etwa 100 Firmen, deren Marketingbudgets höher als 80 Millionen Euro sind. Aktuell sind wir mit derartigen Firmen im Gespräch – der Fokus liegt auf japanischen Unternehmen aktuell.
BE: Gibt es auch schon konkrete Projektpläne?
KA: Ja, aktuell arbeiten wir an fünf Projekten mit Unternehmen. Im Frühjahr 2020 werden wir vermutlich das erste offiziell ankündigen können. Beim ersten wird es wohl um ein Smartphone-Spiel gehen. Aktuell hoffen wir auf drei bis vier Satelliten, die wir pro Jahr in der ersten Phase von Space Basil fliegen lassen können. Wir freuen uns auf die weitere Entwicklung – es gibt einfach unglaublich viele Möglichkeiten!
BE: Danke für das Gespräch!