Das Bedürfnis nach Geschichten ist beinahe so alt wie die Menschheit selbst. Was am Lagerfeuer unserer Urväter begann setzt sich über alle Kulturen und Epochen der Menschheitsgeschichte fort – wo immer Menschen zusammenkommen, erzählen sie Geschichten. Dafür gibt es gute Gründe. Eine gelungene Geschichte lädt uns ein, die eigene Perspektive zu verlassen und die Welt aus dem Blickwinkel anderer zu betrachten. Sie macht empathisch, schafft eine gemeinsame Identität, hilft, über den eigenen Tellerrand hinauszublicken. Kurz: Sie sichert das soziale Miteinander.
Dieses Grundprinzip hat sich über Jahrtausende der Menschheitsgeschichte nicht geändert – wohl aber die Art und Weise, wie wir Geschichten erzählen. Denn durch die Erfindung des Buches sind heute so viele Geschichten verfügbar wie nie zuvor. Hundertausende von Titeln erscheinen allein in Deutschland jedes Jahr und buhlen mit bereits veröffentlichten Werken um die Gunst der Leser. Dabei ist es nicht verwunderlich, dass so manches bemerkenswerte Buch in Vergessenheit gerät, oder es gar nicht erst in die Literaturrezensionen der einschlägigen Medien schafft. So harren unzählige literarische Schätze im Programm der Verlage, ohne neu verlegt zu werden – die sogenannte Backlist.
Genau diesen vernachlässigten Büchern widmet sich Bestseller-Autor Tom Hillenbrand in seinem neuen Podcast „Die Backlist“. Mit Titeln wie der Xavier-Kieffer-Krimi-Reihe, „Drohnenland“ oder dem neusten Roman „Hologrammatica“ sind ihm selbst literarische Erfolge gelungen. Nun widmet er sich lesenswerten Büchern, denen es weniger gut ergangen ist, oder die im Laufe der Zeit aus dem Auge der Öffentlichkeit verschwunden sind. Jede Folge behandelt ein persönliches Lieblingswerk, das man beim Gang durch die Buchhandlung um die Ecke meist vergeblich sucht. Das gewählte Medium war dabei auch für den Schriftsteller Neuland – doch gemeinsam mit Storymaker stürzte sich Tom Hillenbrand ins Abenteuer „Podcast“. Wie es dazu kam und wie es ihm dabei ergangen ist verriet er Storymaker Trainee Nina Blagojevic im Interview:
Nina Blagojevic: Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass ein Autor die Werke anderer Schriftsteller anpreist – aber genau das tun Sie in Ihrem neuen Podcast „Die Backlist“. Warum?
Tom Hillenbrand: Alle stürzen sich auf Neuerscheinungen, aber ältere Titel haben leider überhaupt keine Plattform, keine Lobby. Das wollte ich gerne ein Stück weit ändern. Außerdem rede ich einfach sehr gerne über Bücher. Ich freue mich beispielsweise immer total, wenn ich auf einer Party oder in der Kneipe einen anderen Buch-Nerd treffe und wir uns dann gegenseitig etwas über alte Bücher erzählen können, die man eigentlich gelesen haben sollte.
NB: Welche Kriterien muss ein Buch erfüllen, damit es für die Backlist in Frage kommt?
TH: Es muss in deutscher Sprache erschienen sein und zwar vor mehr als zehn Jahren. Ich bespreche im wesentlichen Belletristik, da aber das ganze Spektrum: Krimi, historischer Roman, Science-Fiction, Hochliteratur. Wichtig ist auch, dass der Titel noch verfügbar ist. Er muss nicht unbedingt im Druck sein, sollte aber antiquarisch preiswert erhältlich sein. Ansonsten folge ich bei der Auswahl hemmungslos meinen eigenen Leseinteressen.
NB: Welche Möglichkeiten bietet ein modernes Medium wie der Podcast gegenüber dem klassischen Buch – gerade auch für Schriftsteller?
TH: Ein Podcast schafft eine unmittelbare Verbindung zwischen Hörer und Autor; über die Stimme kriegt man einfach sehr viel von der Person mit, die da erzählt. Wenn ich Podcasts höre, dann häufig nicht nur wegen des Themas, sondern auch wegen den Typen, die das vortragen. Als Schriftsteller finde ich es außerdem ganz erfrischend, mal die Ebene zu wechseln. Ich hätte „Die Backlist“ ja theoretisch auch als Reihe von Blogposts machen können, aber das ist dann schon wieder Text. Und für so ein Schwätzchen über alte Bücher, und etwas anderes ist das ja letztlich nicht, eignet sich Audio einfach ganz hervorragend. Zudem gibt mir das Format die Möglichkeit, zusätzlich von einer Sprecherin vorgetragene Lesestellen aus den Büchern in den Podcasts zu integrieren, das macht die Sache noch farbiger und anschaulicher.
NB: Wie sah die Zusammenarbeit mit Storymaker bei diesem Projekt aus?
TH: Mir war von Anfang an klar, dass ich für meinen Podcast Hilfe benötige. Inhaltlich hatte ich zwar eine relativ klare Vorstellung, was ich wollte, aber alles selber machen kam für mich nicht infrage. Nicht nur wegen mangelnder technischer Kenntnisse, sondern auch, weil es ohne eine professionell abgewickelte Audioproduktion ansonsten immer wie Amateur-CB-Funk klingt. Mit Storymaker hatte ich von Anfang an einen Partner, der sich mit Content und Storytelling auskennt und der den gesamten Prozess betreuen konnte, vom Jingledesign über das Sourcing der Sprecher bis hin zu Schnitt und Auslieferung. Da hatte ich den Kopf frei fürs Stöbern in alten Büchern und für die Skripte.
Du möchtest Tom Hillenbrand auf seiner literarischen Schatzsuche begleiten? Seinen Podcast „Die Backlist“ findest Du auf SoundCloud, YouTube, iTunes oder natürlich auf Tom Hillenbrands Homepage.